Trotzphase bei Kindern: Was steckt dahinter und was hilft?
In der Trotzphase gleichen Kinder einem kleinen, menschlichen Pulverfass, das durch ein mehr oder minder großes Drama zum Explodieren gebracht werden kann. Doch warum stampfen die Kleinen wie wild auf den Boden, heulen, schreien und brüllen lautstark „nein“!? Weil sie sich mitten in einer emotionalen Entwicklungsphase, der Trotzphase, befinden. Was das bedeutet und was Eltern tun können, verrät der folgende Beitrag.
Wann die Trotzphase bei Kindern beginnt und was sie bedeutet
Die Trotzphase beginnt schon im Babyalter und hat meist im Alter von zwei Jahren ihren Höhepunkt, der sich dann unterschiedlich lange hinziehen kann. Die schlimmsten Trotzanfälle sollten mit vier Jahren passé sein.
Was bei Eltern ankommt wie ein Kurzschluss, ist das Ergebnis von Frust, Ängsten und Sorgen. Diese Gefühle ergreifen das Kind oft von jetzt auf gleich. Da keine Möglichkeit zur Selbstkontrolle besteht, kommt es zum großen Knall in Form von Geschrei, Toben, Kreischen, Stampfen oder Strampeln. Das Kind befindet sich – entwicklungstechnisch betrachtet – zwischen der Selbstwahrnehmung als eigene Persönlichkeit mit eigenen Wünschen und den oft noch mangelhaften Fähigkeiten sprachlicher und motorischer Natur, die verhindern, dass der eigene Wille durchgesetzt werden kann. Auch wenn Mama und Papa der Idee des Kindes einen Riegel vorschieben, weil beispielsweise nicht mit Hausschuhen zum Kindergarten gestapft wird, löst das ebenso Wut und Frust aus wie das Unvermögen, einen stabilen Turm aus Bauklötzen zu errichten. Die Folge: Es knallt.
Wie der Trotz des Kindes für das Umfeld sichtbar wird, kann höchst unterschiedlich sein. Die Herausforderung jedoch liegt immer darin, dass es kein Frühwarnsystem gibt, das einen Trotzanfall quasi ankündigt. Die Trotzphase ist also lediglich die Folge davon, dass Kindern ihren eigenen Willen und ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen wollen – und dies nicht dürfen oder nicht können.
Die Trotzphase bedeutet für Kinder und Eltern gleichermaßen Stress. Gibt es Geschrei, weil Mama oder Papa sich weigern den Lutscher an der Kasse zu kaufen, ist das für die Eltern meist peinlich sowie zweifelsohne anstrengend und nervenaufreibend. Letzteres ist es aber ebenso fürs Kind, denn Schreien, Toben und Kreischen ist gerade für junge Kinder kräftezehrend. Dennoch ist die Trotzphase für Kinder wichtig. Sie lehrt ihnen Beharrlichkeit, Ausdauer, Geduld, die Tatsache, dass Bedürfnisse nicht immer sofort befriedigt werden können und auch, die eigenen Emotionen zu regulieren.
Wutanfälle in der Trotzphase begrenzen – geht das eigentlich?
Praktische Tipps, um Wutanfälle in ihrer Häufigkeit oder ihrer Intensität zu begrenzen, gibt es durchaus. Ein vorausschauender Umgang mit Kindern erspart Jung und Alt viel Aufregung und Streit.
So hilft es beispielsweise, nach Möglichkeit stets viel Zeit einzuplanen. Ein Beispiel: Wer in Ruhe zum Einkaufen geht, mit einem Kind, das ausgeschlafen und satt ist, reduziert das Risiko eines Trotzanfalls enorm. Auch hilft der Faktor Zeit dabei, Kindern Entscheidungen zu erklären – beispielsweise, dass es regnet und dass deswegen regenfeste Schuhe statt Sandalen getragen werden. So wächst der Erinnerungsschatz des Kindes, mit dem es später selbst Entscheidungen treffen kann.
Auch feste Rituale – beispielsweise zu Essens- oder Schlafenszeiten – sorgen für Ruhe und Sicherheit im Kinderleben. Bestimmte Abläufe, sogenannte Rituale, verbucht das Kind als Erinnerung. Und auf dem Schatz an Erinnerungen basieren die eigenen Entscheidungen des Kindes. Entlastet wird das Kind immer dann, wenn es auf eine Erinnerung zurückgreifen kann. Ein Beispiel ist das Händewaschen vor dem Essen oder die Gute-Nacht-Geschichte vor dem Schlafengehen. Hat sich das Kind an das Ritual gewöhnt, gibt es keine Unsicherheitsfaktoren, die in Stress ausarten und das Fass zum Überlaufen bringen könnten. Später, wenn das Kind die gängigsten Kinder-Rituale verinnerlicht hat, treten verlässliche Regeln an die Stelle von Ritualen.
Ablenken oder Wut lernen? Bei kleinen Kindern kann ein Wutanfall noch abgewendet werden, wenn die Aufmerksamkeit auf etwas Spannendes umgelenkt wird. Älteren Kindern sollte hingegen erklärt werden, wie sie sozialverträglich mit dem Zorn im Bauch umgehen können. Auch hier hilft es, klare Regeln zu definieren: Schlagen und Hauen ist tabu. Den Fußball im Garten ins Tor zu kicken oder das Kissen in die Kuschelecke zu pfeffern, könnte hingegen dabei helfen, Stress, Wut und Zorn abzubauen.
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Fahrplan durch die Trotzphase – so sollten Eltern reagieren
Auch wenn die folgenden Tipps und Hinweise mal mehr und mal weniger gut umzusetzen sind, können sie doch hilfreich sein, um weite Teile der Trotzphase ohne größere Eskalation zu überstehen.
- Zunächst müssen Eltern dafür sorgen, dass sich das Kind in Rage weder selbst noch andere verletzt und auch nichts zerstört. Das sollte die Intention sein, mit der Eltern ihren Kindern während einer Trotzphase begegnen.
- Ob das Kind Nähe zulässt, kann nur in Abhängigkeit vom Kind und der Situation entschieden werden. Manchen Kindern geben eine Umarmung und beruhigende Worte ein Gefühl der Sicherheit; andere können im Moment des Zorns keine Nähe ertragen.
- Viele Worte zu verlieren, während ein Kind schreit, tobt und weint, ist nicht zielführend. Lange Reden erreichen Kinder ohnehin nur schwerlich. Bei einem Trotzanfall ist die Aufnahmefähigkeit noch weiter reduziert. Im Anschluss an den Wutanfall miteinander zu sprechen, ist hingegen durchaus sinnvoll.
- Selbst die Ruhe zu bewahren, ist oftmals die schwerste Übung in der Trotzphase, denn wenn der Wutanfall nach einem stressigen Arbeitstag oder einem Streit passiert, ist es umso schwieriger, sich selbst zu regulieren. Wenn das nicht immer klappt und einmal ein lautes Wort fällt, ist das meist im Nu wieder vergessen.
- Wer den Wutanfall gelassen nimmt, tut als Elternteil nicht nur seinen eigenen Nerven etwas Gutes, sondern schenkt auch der Trotzphase so wenig Aufmerksamkeit, dass sie meist schnell wieder vorüber ist.
- Grundverkehrt wäre es, sich selbst für den Wutanfall verantwortlich zu machen, diesen als persönlichen Angriff wahrzunehmen oder gar zu versuchen, ihn vorherzusehen. Stattdessen sollte die Trotzphase als Entwicklungsphase begriffen werden. Zudem ist es hilfreich mit Sport und viel frischer Luft das eigene Nervenkostüm für die Trotzphase bei Kindern zu wappnen.
- Sich für ein tobendes Kind zu schämen, braucht sich im Übrigen kein Elternteil, denn eigentlich ist der Anfall ein Kompliment. Das Schreien und Toben in der Trotzphase zeigt nämlich auch an, dass das Kind Vertrauen hat – sonst würde es nicht in dieser Form seine Hilflosigkeit zum Ausdruck bringen. Zudem kennen zumindest all jene, die regelmäßig mit (kleinen) Kindern zu tun haben die Trotzphase und deren massive Formen.